Fynn Dresler

Alles ein Witz?

In der Politik geht es oft ernst zu. Doch bei Die PARTEI wollen sie Politik zum Spaß betreiben. Geht das?

„Ich weiß noch nicht, für wen ich stimmen werde“, sagt Keno Freund lachend. Vier Minuten vor Sitzungsbeginn schlendert der Lokalpolitiker durch einen Lüneburger Park. Er trägt ein himmelblaues Hemd und eine schmale rote Krawatte. Darauf steht in Großbuchstaben Die PARTEI. Freund erzählt von einer Mail der Grünen in seinem Postfach. Sie werben für ihre Kandidatin für das Sozialdezernat. Auch eine Abgeordnete der SPD schreibt ihm. Geht es nach der SPD, soll Freund mit einem Nein gleich die Kandidatin verhindern. Zwischen zwei Ampeln kreuzt er locker die Straße und betritt den hellen Sitzungssaal. Hier entscheidet heute der Lüneburger Stadtrat über die Personalie.

Ausgezeichnet fürs Engagement: Am Sakko trägt Keno das Wappen seiner Partei, der Stadt Lüneburg und einen Pin mit der Aufschrift „Ganz viel Ehre für Dings“

Als Ratsherr repräsentiert Freund rund 5000 Wählende. Bei der Kommunalwahl 2021 ist seine Partei mit gut 2 Prozent erstmals ins Stadtparlament eingezogen. Bundesweit zählt Die PARTEI laut eigenen Angaben mittlerweile über 50 000 Mitglieder. Damit spielt sie in einer Liga mit der AfD. Dabei sagt Freund: „Wir wollen nicht gewählt werden.“ Zur Wahl gibt es keine Wahlversprechen oder ein penibel arrangiertes öffentliches Image wie bei herkömmlichen Parteien.

 

 

Politik zwischen Kiffen und Kontrolle
Keno trägt ein weites Jackett über einem himmelblauen Hemd, dazu eine rote Krawatte. Die Parteiuniform von Die PARTEI. Keno sieht darin in etwa so seriös aus, wie ein Konfirmand, der gerade noch den Anzug gegen die Jogginghose getauscht hat. Gleich soll er aber über die neue Sozialdezernentin mitentscheiden, dabei will er eigentlich nur satirische Anträge schreiben. Zwei Rollen, die Keno schon seit seiner ersten Sitzung mit seinen Parteikollegen von Die PARTEI begleitet:

Mittlerweile ist Keno zweiter Vorsitzender des Ortsverbandes, sitzt in insgesamt sechs Ausschüssen und im Stadtrat. Zu Die PARTEI ist er damals gekommen, weil er genervt war von der aktuellen Politik. Er selber würde wohl am ehesten den Linken beitreten, bildet mit ihnen eine Gruppe im Stadtrat. Doch den Glauben an wirklichen Wandel hat er verloren. Jetzt will er auf unkonventionelle Weise Politik machen:

 

Immerhin etwas mehr als 2 % der Wählenden haben ihn dafür gewählt. Während der Rat diskutiert, ob anonym abgestimmt werden soll, sinkt er immer tiefer in seinen Stuhl. Als die Abstimmung beginnt, ist Keno kaum länger als zwei Sekunden in der Wahlkabine, dann wirft er seine Stimme in die Wahlurne. Als das Ergebnis verkündet wird, bricht Jubel in der Grünenfraktion aus. Mit
31 Stimmen ist die Mehrheit für die Sozialdezernentin deutlicher als erwartet. Die Abgeordneten klatschen, Freund trinkt einen Schluck Mate. Er hat sich enthalten.

Hier der ganze Beitrag von Fynn Dresler.

 

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